Chartreuse

Wenn Mythos und Wirklichkeit schwer voneinander zu unterscheiden sind, dann wird es meist spannend und interessant. So oder so ähnlich verhält es sich auch mit dem Likör Chartreuse. Einst konzipiert als heilsames Elixier mit den besten Gaben von Mutter Natur, hat sich der Likör der Kartäusermönche seit geraumer Zeit zu einem weltweiten Top-Seller entwickelt. Die originale Rezeptur mit stattlichen 69 Volumenprozenten Alkohol ist nun nicht jedermanns Sache. Aber mit dem Chartreuse Grün und dem Chartreuse Gelb stehen durchaus auch mildere Varianten zur Auswahl. Ein sagenumwobenes Tröpfchen mit langer Geschichte. Zum Wohl.

Chartreuse: Eine Legende unter den Likören

Kaum eine andere Spirituose hat eine derart weitreichende Historie wie der Chartreuse Kräuterlikör. Seit nun mehr als 400 Jahren schon wird die als „Elixier des Lebens“ kreierte Spirituose hergestellt. Die originale Herkunft des ursprünglichen Rezeptes ist etwas im Unklaren, ein Alchimist im 16. Jahrhundert soll damit zu tun gehabt haben. Überliefert ist jedoch die Tatsache, dass um 1605 die Mönche des Kartäuserordens die komplexe Rezeptur als Geschenk erhielten. Jedoch war es bei 130 Kräutern, Essenzen, Gewürzen, Wurzeln, Beeren und Rinden alles andere als einfach, die Rezeptur bis ins Detail zu entschlüsseln und noch viel schwieriger, das Elixier auch tatsächlich herzustellen.
Es dauerte sage und schreibe mehr als ein Jahrhundert, bis aus dem Schriftstück ein erstes Getränk wurde. 1764 wurde das Elixier vom Apotheker und Ordensbruder Jerome Maubec abgefüllt. Und erfreute sich alsbald großer Beliebtheit, wenn es auch ziemlich hochprozentig war. 1840 dann entschied man sich in den heiligen Mauern, der breiten Bevölkerung einen etwas milderen Kräuterlikör anzubieten. Und so entstanden der Chartreuse Verde (grün) mit 55 Volumenprozenten Alkohol und wenig später der Chartreuse Jaune (gelb) mit angenehmen 43 Volumenprozenten Alkohol. Zweitweise war auch ein farbloser Chartreuse auf dem Markt, jedoch schon seit mehr als einem Jahrhundert nicht mehr. Erst in den vergangenen Jahrzehnten entschieden sich die Mönche, Sonderabfüllungen anlässlich des 900-jährigen Ordensjubiläums und des 400-jährigen Ehrentages des Rezeptes für den originalen Chartreuse auf den Markt zu bringen.

Kleiner Exkurs: der Mönchsorden der Kartäuser

Bereits seit dem Jahr 1084 gibt es den Kartäuserorden. Maßgeblich an der Gründung war Bruno von Köln beteiligt, welcher sich auf Raten des Bischofs von Grenoble auf den Weg machte, ein Kloster zu gründen. In der französischen Berglandschaft des Chartreuse fanden Bruno von Köln und seine sechs Gefolgsmänner ihren Bestimmungsort und errichteten eine Kirche, Gemeinschaftsräume sowie kleine Wohngebäude. Über die Jahre wuchs der Orden und auch das Mutterkloster, La Grande Chartreuse, entwickelte sich zu einer ansehnlichen und stattlichen Klosteranlage. Auch in anderen Ländern der Welt schlossen sich Glaubensgenossen zusammen und gründeten Kartäuser-Klöster. Bis zum Mittelalter lief alles bestens, dann war der Kartäuserorden von starken Rückgängen und innerstaatlichen Konflikten betroffen. Die französischen Kartäuser beispielsweise mussten während der Französischen Revolution die Grand Chartreuse verlassen – das Rezept für ihren berühmten Kräuterlikör nahmen sie natürlich mit.
So wurde der Chartreuse zweitweise an zwei anderen Standorten gebrannt. Die Destillerie der Mönche wurde verstaatlicht. Es dauerte eine geraume Zeit, bis die Mönche ihre Brennerei und die Namensrechte für den Kräuterlikör zurückerhielten. Seitdem gibt es quasi keinen Berg, der zu hoch ist und kein Weg, der zu weit ist. Der Chartreuse wird fleißig weiter produziert und das mit moderne Technik und althergebrachter Philosophie.

Chartreuse Kräuterliköre: das weltbekannte Original

Schon lange wird der Chartreuse Likör nicht mehr direkt in den Klostermauern von La Grande Chartreuse gebrannt, sondern andernorts. Viele Jahre wurde in Voiron produziert, seit 2017 nun aber in unmittelbarer Nähe zum Mutterkloster, in einer hoch modernen Brennerei. Hier laufen sozusagen alle Fäden zusammen. Der Neutralalkohol, wohl ein hochwertiger Weinalkohol, wird hier hergestellt, ebenso erfolgen hier die Mazeration und die anschließende Destillation. Eine, wenn nicht DIE, essenzielle Aufgabe jedoch findet nach wie vor im Verborgenen hinter den dicken Klostermauern statt. Die Auswahl und die Aufbereitung der 130 Ingredienzen, welche den Kartäuser-Kräuter geschmacklich so raffiniert machen. Welche Zutat wie verarbeitet wird und in welcher Zusammensetzung die Botanicals später mazerieren, das wissen nur die wenigsten. Angeblich nur drei Menschen, wovon zwei in der einstigen Backstube des Grande Chartreuse Mutterklosters mit der Kräuter-Lese beschäftigt sind. Anscheinend machen die Mönche ihre Sache gut, denn der Chartreuse Kräuterlikör ist ein Verkaufsschlager und feste Einnahme im Lebensunterhalt des Glaubensordens. Und wie schmeckt er?

  • Chartreuse Grün: Eine wahre Kräuter-Bombe mit Frische und Würze zugleich. Am besten wird der Kräuterlikör sehr kalt oder auch auf Eis getrunken.
  • Chartreuse Gelb: Ähnlich komplex, wenn es um die Fülle der Kräuter- und Würznoten geht, aber längt nicht so stark. Auch hier gilt als Trinkempfehlung: pur oder on the rocks, Hauptsache kalt.
  • Chartreuse Liqueur du 9e Centenaire:1984 wurde diese Jubiläumsausgabe lanciert, der Glaubensorden feierte sein 900-jähriges Bestehen. Der Likör ist süßer als seine gelben und grünen Vertreter und mit 47 Volumenprozente Alkohol durchaus verträglich.

Mixology: ausgefallene Longdrinks und Cocktails mit dem Mönchs-Likör

Bei der nächsten Dinnerparty kommt ein gut gekühltes Gläschen Chartreuse als Digestiv sicherlich gut bei den Gästen an. Nehmen Sie sich ruhig erst einmal Zeit, die vielen aromatischen Kräuterkomponenten zu erschmecken. Wem der Alkoholgehalt schlichtweg zu hoch ist, der findet in den Cocktail-Handbüchern der Welt auch eine Vielzahl an spannenden Rezepten. Hier eine kleine Auswahl:

  1. Brandy Daisy: 2cl Chartreuse Grün, 4cl Brandy, 2cl Limettensaft mischen und in ein Glas mit Eiswürfle geben. Mit Sprudel-Wasser auffüllen.
  2. Last Word: jeweils 2cl Chartreuse Grün, Ginebra, Marrasquino und Limettensaft im Shaker mit Eis schütteln. Ohne Eis ins Martiniglas gießen.
  3. Green Chaud: herrlich für die kalte Jahreszeit, denn es handelt sich um eine heiße Schokolade mit Schuss, einem Schuss Chartreuse grün.

 

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